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Bis 67 arbeiten – nein danke. Wenn Sie so denken, sollten Sie natürlich privat gehörig vorsorgen. Gleichzeitig sollten Sie aber auch die Gesetzliche Rentenversicherung im Blick haben und sich die Möglichkeit sichern, möglichst frühzeitig in Rente zu gehen. In Hinblick auf die Gesetzliche ist es dabei wichtig, rechtzeitig Rentenlücken zu schließen. Denn einen vorzeitigen Eintritt in die Altersrente bietet die gesetzliche Rentenversicherung nur bei einem einigermaßen lückenlosen Rentenkonto.
Im Folgenden zeigen wir Ihnen, wie Sie zeitnah und in manchen Fällen auch rückwirkend Lücken – man könnte auch sagen „leere Zeiten“ – auf Ihrem Rentenkonto füllen können.
Lückenfüllen auch bei veränderter Rentengesetzgebung sinnvoll
Wenn Sie noch ein ganzes Stück vom Rentenalter entfernt sind, werden Sie vielleicht einwenden, dass keineswegs klar ist, welche gesetzlichen Regelungen bei der Altersrente gelten werden, wenn sie einmal „in die Jahre“ kommen. Und tatsächlich zeigt ein Blick in die Vergangenheit, dass der Gesetzgeber auch an der Stellschraube „Frühverrentung“ kräftig gedreht hat. Doch die Logik war dabei im Wesentlichen, dass die Altersgrenzen für die vorgezogenen Altersruhegelder parallel zur regulären Altersrente angehoben wurden oder dass die Rentenabschläge für einen vorzeitigen Eintritt in die Rente angehoben wurden. Es ist damit zu rechnen, dass auch in Zukunft so verfahren wird. Mit anderen Worten: Es spricht alles dafür, dass es auch in Zukunft möglich sein wird, vorzeitig in Altersrente zu gehen. Möglicherweise wird ein heute 35-Jähriger in den 50er-Jahren dieses Jahrhunderts erst mit 70 regulär in Rente gehen können. Doch es ist ziemlich wahrscheinlich, dass es auch dann die Möglichkeit geben wird, vorzeitig mit 63, 64 oder 65 in Rente zu gehen. Beim Thema „Rentenlücken“ geht es darum, sich diese Option – man könnte auch sagen: Freiheit – zu erhalten.
Nachträgliche Lückenfüllung bis zum 45. Geburtstag für Schul- und Studienzeiten
Wenn Sie länger eine allgemeinbildende Schule besucht und Abitur gemacht haben, haben Sie bei der gesetzlichen Rente schlechte Karten. Dies gilt auch für diejenigen, die anschließend noch studiert haben. Denn wenn Sie heute in Rente gehen, führen diese Zeiten nicht mehr zu einer Rentensteigerung. Das gilt übrigens schon seit 2009. Diese Zeiten werden nur noch als Anrechnungszeit berücksichtigt. Allerdings ist auch das nicht zu verachten. Immerhin helfen diese Zeiten bei der Erfüllung der Wartezeit für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen und für die Altersrente langjährig Versicherter. Auch das ist natürlich noch ein Vorteil, immerhin wird so ggf. ein vorzeitiger Renteneintritt ermöglicht.
Doch nicht die kompletten Schul- und Studienzeiten zählen als Anrechnungszeit. § 58 Abs. 1 Nr. 4 des SGB VI bestimmt nämlich, dass als Anrechnungszeit nur Schul- und Studienzeiten „nach dem vollendeten 17. Lebensjahr“ gelten. Zudem gilt dies nur für Zeiten mit einer Dauer von „insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren“. Das bedeutet also: Ihre Schulzeit vor dem 17. Geburtstag zählt nicht als Anrechnungszeit. Und: Wenn Sie ab 17 länger als acht Jahre eine Schule besucht oder studiert haben, zählt die Zeit, die über acht Jahre hinaus geht, auch nicht als Anrechnungszeit.
Ab 45 geht nichts mehr
Solche Zeiten sind damit zunächst einmal Lücken im Rentenkonto. Doch genau hierfür hat der Gesetzgeber eine Extraregel zur Lückenfüllung geschaffen: Die „Nachzahlung für Ausbildungszeiten“ (§ 207 SGB VI). Für Zeiten einer schulischen Ausbildung nach dem vollendeten 16. Lebensjahr, die nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden, können Sie danach „auf Antrag freiwillige Beiträge nachzahlen, sofern diese Zeiten nicht bereits mit Beiträgen belegt sind“. Einen solchen Antrag können Sie bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres stellen. Danach geht nichts mehr.
Die Zahlungen können zwischen dem monatlichen Mindestbeitrag von derzeit 83,70 und dem Höchstbeitrag von 1.320,70 Euro liegen. Für ein Jahr sind damit freiwillige Beitrage mindestens in der Höhe von rund 1.000 Euro zu entrichten. Wenn es Ihnen nur darum geht, die Lücken zu füllen, reicht es, den Mindestbeitrag einzuzahlen. Gerade für Spitzenverdiener kann es sich aus steuerlichen Gründen lohnen, den Höchstbeitrag zu zahlen. Das sollten Sie aber mit Ihrem Steuerberater abklären. Die freiwilligen Beiträge in die Gesetzliche Rentenversicherung werden steuerlich genauso behandelt wie Einzahlungen in eine private Rürup-Rente. Beiträge in die Gesetzliche lohnen sich jedoch in der Regel weit mehr als Einzahlungen in eine herkömmliche – meist renditearme – Rürup-Rente.
Wenn Sie an einer Nachentrichtung von freiwilligen Beträgen für Ausbildungszeiten interessiert sind, müssen Sie das schriftlich beantragen. Das Formular hierzu können Sie im Internet herunterladen. Es nennt sich: „Antrag auf Nachzahlung von freiwilligen Beiträgen für Ausbildungszeiten (V0080)“. Am besten vereinbaren Sie hierzu einen Termin bei einer Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung
Zeitnahe Entrichtung freiwilliger Beiträge an die deutsche Rentenversicherung
Neben der nachträglichen Entrichtung freiwilliger Beiträge ist die laufende Entrichtung freiwilliger Beiträge an die Deutsche Rentenversicherung möglich. Diese dient im Grundsatz der Lückenfüllung.
Möglich ist die (laufende) freiwillige Beitragszahlung etwa für Selbstständige, Hausfrauen/-männer oder Langzeiturlauber und Privatiers. Für die Beitragszahlung gibt es allerdings einen engen Zeitrahmen. Die Beiträge müssen entweder laufend entrichtet werden. Wer dies verpasst hat, dem bleibt jeweils nur bis zum 31. März des Folgejahrs Zeit, um freiwillige Beiträge für das Vorjahr zu zahlen.
Das Procedere
Wenn Sie die Voraussetzungen für eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung erfüllen, können Sie vom Grundsatz her einfach in der von Ihnen gewünschten Höhe (derzeit monatlich mindestens 83,70 Euro, siehe oben) Beiträge einzahlen, die freiwillige Beitragszahlung muss also nicht von der Rentenkasse genehmigt werden.
Sinnvoll ist eine solche „freihändige“ Beitragszahlung allerdings nicht. Zum einen gibt es eine Reihe von Situationen, in denen sie sich gar nicht freiwillig versichern können. Dies gilt beispielsweise für Mütter, die in den ersten drei Lebensjahren ihres Kindes nicht erwerbstätig sind. Diese sind dann zwar nicht über eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (die sie ja nicht haben), wohl aber über die Kindererziehungszeit pflichtversichert. Damit können Sie sich gar nicht zusätzlich freiwillig versichern. Wenn Sie im Internet in einer Suchmaschine die Stichworte „V0060“ und „Deutsche Rentenversicherung“ eingeben, werden Sie den „Antrag auf Beitragszahlung für eine freiwillige Versicherung“ finden, in dem vor allem eine Reihe von Tatbeständen abgefragt wird, die eine freiwillige Versicherung unmöglich machen. Zudem geben Sie hier an, ab wann und in welcher Höhe sie Beiträge einzahlen möchten. Dieses Formular können Sie an die deutsche Rentenversicherung schicken.
Noch besser ist es vermutlich, wenn Sie einen Termin bei einer Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung vereinbaren und im Beratungsgespräch die Einzelheiten der freiwilligen Versicherung abklären.
Die Beiträge können Sie abbuchen lassen, indem Sie der Deutschen Rentenversicherung eine Abbuchungsermächtigung erteilen. Dann können Sie sicher sein, dass die Beiträge rechtzeitig eingehen.
Sie können die Beiträge auch selbst überweisen. Auf dem Überweisungsvordruck müssen Sie neben Ihrem Namen und Vornamen, Ihre Versicherungsnummer, den Zeitraum, für den der Beitrag bestimmt ist, und die Beitragsart eintragen
Lückenfüllung durch rentenversicherungspflichtigen Minijob
Eine noch preiswertere Möglichkeit zur Ansammlung von Versicherungszeiten bieten geringfügige Beschäftigungsverhältnisse („450-Euro-Jobs“). Dafür darf man allerdings die Rentenversicherungspflicht der Jobs, die automatisch eintritt, nicht abwählen. Durch die Abwahl spart man wenig (maximal 16,20 Euro im Monat) und verliert viel. Denn ein rentenversicherter Minijob zählt für die Rente als vollwertige Versicherungszeit. Dies gilt übrigens auch für einen „Mini-Mini-Job“ mit einem Monatsverdienst von beispielsweise 200 Euro. Nur 7,20 Euro im Monat kostet dann der volle Rentenversicherungsschutz. Diese Variante ist beispielsweise für Schüler und Studenten interessant. Üben sie neben dem Studium oder neben der Schule einen versicherungspflichtigen Minijob aus, so gilt diese Zeit nicht als Anrechnungszeit, sondern als Pflichtversicherungszeit. Wer als Student z.B. drei Jahre lang neben dem Studium einen entsprechenden versicherten Minijob ausübt, bei dem zählen diese drei Jahre nicht als Anrechnungszeit, sondern als ganz normale Pflichtversicherungszeit – und können später dazu dienen, die Altersrente für besonders langjährig Versicherte zu erhalten. Eine Anrechnungszeit würde hierbei nicht berücksichtigt.
Auch für Schüler zwischen 16 und 17 Jahren ist die Variante „Minijob“ weit preiswerter als die spätere Nachzahlung freiwilliger Beiträge.
Versicherter Minijob kann Arbeitslosen Vorteile bringen
Viele Bezieher von Arbeitslosengeld I oder von Hartz IV üben „nebenher“ ganz legal einen bei der Arbeitsagentur bzw. dem Jobcenter angemeldeten Minijob aus. Dies bringt nicht nur finanzielle Vorteile, weil ein Teil des Verdienstes nicht mit den Geldleistungen für Arbeitslose verrechnet wird. So dürfen Bezieher von ALG I von ihrem monatlichen Nebeneinkommen grundsätzlich 165 Euro behalten, bei Beziehern von ALG II sind es mindestens 100 Euro. Darüber hinaus bringt der Minijob – allerdings nur wenn die Rentenversicherungspflicht nicht abgewählt wird – auch Vorteile bei der Rente.
Aber was bringt der Nebenjob für ALG-I-Bezieher bei der Rente? Normalerweise gilt: Zeiten des Bezugs von Arbeitslosengeld I zählen zwar für die 45-jährige Wartezeit bei der Altersrente für besonders langjährig Versicherte. Aber: Dies gilt nicht für Zeiten des ALG-I-Bezugs in den letzten beiden Jahren vor der Rente. So wollte der Gesetzgeber eine Frühverrentungswelle verhindern. Es gibt allerdings einen ganz legalen Trick, um diese Regelung auszuhebeln: Die Aufnahme eines versicherungspflichtigen Minijobs in der Zeit des ALG-I-Bezugs. Die Zeit des Minijobbens zählt dann als ganz normale Versicherungszeit und kann den Anspruch auf die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährige Versicherte sichern.
Ganz ähnlich stellt sich die Situation der ALG-II-Bezieher dar. Bei ihnen geht es allerdings nicht nur um die letzten beiden Jahre vor der Rente. Die Zeit, in der die Betroffenen ALG II beziehen, zählt bei der Rente nämlich grundsätzlich nur als „Anrechnungszeit“. Sie trägt damit zwar dazu bei, die Wartezeit für die Altersrente für langjährig Versicherte oder die Schwerbehindertenrente zu erfüllen. Dies gilt aber nicht für die begehrteste Altersrente, die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte.
Doch auch hier hilft der Minijob-Trick. ALG-II-Bezieher, die einen kleinen versicherungspflichtigen Minijob aufnehmen, schaffen so unter Umständen die Hürde, um die „besondere“ Altersrente zu erhalten.